Irgendwann im Frühjahr letzten Jahres sah ich das Bild auf ihrem Instagram Account. Ein Bild, dass eine weinende Laura zeigte. Auf dem Bild vor Glück, doch ihre Worte im Post verrieten, dass es dieses Mal nicht das Glück war, welches sie weinen ließ. In einer Welt in der meist nur erfolgreiche, fröhliche Sportler durch die sozialen Medien schwirren, hatte sie ihr „echtes“ Gesicht gezeigt.

Unter ihrem Bild standen Sätze und darin fanden sich Worte wie Raum, Zeit, Pause und den Weg zu sich selbst wieder finden. Worte die im Hochleistungssport sofort als Schwäche ausgelegt werden. Für mich war das der stärkste Moment in ihrer bisherigen Karriere. überhaupt. Die eigene Verzweiflung und Krise öffentlich zu machen, dazu gehört wahre Stärke.

Einige Wochen später hatten wir unsere erste Coaching Sitzung. Sie, in Südafrika und ich im Schwarzwald. Obwohl sie mit ihrer Gruppe ins Trainingslager geflogen war, hatte sie keine Lust auf Sport. Sie wollte irgendwie schon, aber eigentlich überhaupt nicht. Keine Freude, keine Lust auf Leistung, kein Bock auf Training. Und so ging es in unseren Gesprächen um viele Dinge in dieser Krise und zu Beginn so gut wie gar nicht, um die Rückkehr in den Leistungssport. Es ging einfach nur darum diesen Berg langsam und Schritt für Schritt zu bezwingen. Es ging darum, dass Tage wieder etwas heller werden durften und Wochen unter dem Strich sich wieder glücklicher anfühlen. Nach und nach wurde der Weg hinauf auf die Berge leichter. Die Riesen kleiner. Der Nebel lichtete sich. Eine Etappe im Aufstieg zum Gipfel klappte. Das Ziel wurde greifbar.

Der Abstand zwischen unseren Gesprächen wurde nun länger. Andere Menschen halfen jetzt weiter. „Wir müssen endlich mal wieder telefonieren“, sagten wir uns ein paar Mal.

Sebastian hat mir immens geholfen, meinen Fokus zurück auf das Positive zu lenken.

An einem Sommerwochenende in Kassel waren Deutsche Meisterschaften in der Leichtathletik. Wir saßen gemeinsam auf dem Aufwärmplatz am Tag vor ihrem Wettkampf und unterhielten uns über die vergangene Zeit. Über Gefühle. Leichtigkeit. Und auch über zurückgekehrte Freude am Springen. Das Ergebnis des morgigen Sonntags stand dabei nicht im Mittelpunkt. Am Wettkampftag schlenderten wir morgens erneut für ein paar Minuten in der Sonne durch die Straßen Kassels. Ich hörte dieses mal fast nur zu. Sagte wenig.

Nachmittags im Wettkampf spürte ich ihre Freude. Ich sah erste gute Sprünge. Sie freute sich über jeden gelungenen Versuch. Immer höher ging es hinauf und immer mehr Gegnerinnen schieden aus dem Wettkampf aus.. Sprünge voller Leichtigkeit folgten. Am Ende wurde Laura Deutsche Vizemeisterin und gewann die Silbermedaille. Ein Triumph der völlig unerwartet kam. Mit Tränen in den Augen umarmten wir uns. Ihre Silbermedaille, für mich völlig unwichtig.

 

Sie hatte es geschafft. Der Weg zurück zu sich selbst. Und vielleicht noch viel mehr.

Mehr Insights

Laura Gröll – der Weg zurück zu sich selbst